Politik zensiert Kinderpornografie im Internet

Simon Knappe
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Nach langer Diskussion hat die derzeit amtierende Familienministerin Ursula von der Leyen eine Sperrung von kinderpornografischem Material im Internet erwirkt. In Zusammenarbeit mit den großen deutschen Internet Service Providern und dem Bundeskriminalamt (BKA) sollen in Zukunft derartige Inhalte automatisch gefiltert werden.

Geschätzt werden mehrere Millionen Euro mit dem Handel von Kinderpornografie jeden Monat umgesetzt. Entsprechende Abnehmer zahlen für einen Zugang derzeit monatlich rund 75 Euro. Im Rahmen einer Pressekonferenz im Familienministerium wurden bei abgeschalteten Kameras einige Beispiele der Presse demonstriert, was zu einer gequälten Ablehnung der versammelten Journalisten geführt hat.

Um das Unterfangen voran zu treiben, sind bereits die größten Internet Service Provider ins Boot geholt worden. In den den nächsten sechs bis acht Wochen soll eine entsprechende Vereinbarung zwischen den ISPs, dem BKA und den Ministerien getroffen werden. Bislang hatten sich vor allem die Internet Service Provider gegen derartige Maßnahmen gewehrt, da sie im Falle einer falschen Sperrung eines legalen Angebots für etwaige Schadenersatz-Forderungen hätten aufkommen müssen. Unter der Prämisse, dass in Zukunft in solchen Situationen das BKA haftet, sei nun ein solcher Schritt möglich. Zusammen mit Kollegen aus anderen Ländern sollen Filterlisten erstellt und regelmäßig aktualisiert werden. In anderen Ländern in Europa, darunter unter anderem auch Großbritannien, Norwegen und Dänemark, werden bereits vergleichbare Filter-Systeme eingesetzt. In einem Projekt namens CIRCAMP haben sich die verschiedenen Länder zusammengeschlossen, um die Verbreitung von kinderpornografischem Material zu unterbinden. Diesem Projekt möchte sich nun Deutschland ebenfalls anschließen. Bis auf Großbritannien, wo eine private Gesellschaft unter dem Namen „Internet Watch Foundation“ die Filter-Listen pflegt, werden jene Listen von den Kriminalbehörden des jeweiligen Landes verwaltet.

Wer in Norwegen eine gesperrte Seite aufruft, wird automatisch mit dem Hinweis konfrontiert, eine Webseite mit Inhalten über die sexuelle Missbrauchshandlungen an Kindern aufgerufen zu haben. Allein in Norwegen umfasst die Sperrliste aktuell rund 3.000 Einträge. Jeden Monat kommen etwa 135 weitere Einträge dazu. Stillgelegte URLs werden entfernt. Pro Tag werden etwa 18.000 Zugriffe gesperrt. Hochgerechnet auf die deutsche Bevölkerung, könnten so der Familienministerin ca. 300.000 Zugriffe auf Kinderpornografie im Internet verhindert werden. Man hofft, durch die Eindämmung des Marktes auch die Produktion mindern zu können.

Zur Aktualisierung der Listen werden neben Hinweisen von Internet-Nutzern auch Software-Werkzeuge und die Server-Logdateien der Sperr-Server herangezogen. Letztere bieten sogar die Möglichkeit, das Surf-Verhalten potenziell gefährlicher User auszuwerten. Da allerdings nicht jeder absichtlich auf derartige Webseiten gelangt, werden die Zugriffslisten anonymisiert.

Trotz des vermeintlich positiven Hintergrundes mehren sich bei solchen Maßnahmen natürlich auch die kritischen Stimmen. Mit der gleichen Technologie könnten in Zukunft auch andere Inhalte leichter geblockt bzw. zensiert werden. In Australien herrscht derzeit eine Diskussion über eine zusätzliche Sperrung von Webseiten, auf denen illegales Glückspiel stattfindet. Weiterhin ist die Sperrung von Raubkopierer-Webseiten oder Informationen zum Bau von Bomben denkbar. Derartige Maßnahmen stünden jedoch laut Frau von der Leyen derzeit nicht zur Debatte. Die Kosten für die Initiative bewegen sich mit geschätzten 40.000 Euro ebenfalls noch im Rahmen. Im Familienministerium ist man sich jedoch im Klaren darüber, dass eine Sperrung im Internet die Kinderpornografie nicht vollständig wird eindämmen können. Sogar in einer Pressemappe zum Thema wird dies mit dem Satz „Technisch versierte Internet-Nutzer werden immer Wege finden, die Sperren zu umgehen.“ unmissverständlich erklärt.